Kindheit und Jugend

Kindheit und Jugend

Kindheit und Jugend in Gera
In den Kirchenakten von Untermhaus, das erst 1919 zur Stadt Gera eingemeindet wurde, ist der Bäckermeister Gottfried Lummer (1720-1777) als erster der Lummers eingetragen. Er kaufte 1742 das Haus an der Marienbrücke neben der Untermhäuser Marienkirche, bekannt als „Lummersches Backhaus“. Der auf der Umschlagseite ab-gebildete Stammbaum von Otto Lummer, zusammengestellt aus den Kirchenakten von Untermhaus und Gera,     weist zahlreiche Bäcker- und Konditoreimeister als Vorfahren aus, worauf Lummer immer wieder mit Stolz verwiesen hat. Nachkommen leben bis heute in Gera.
Otto Richard Lummer wurde am 17.Juli 1860 in Gera, Schloßstraße 6, als Sohn von Carl Gottfried Lummer und seiner Frau Minna, geb. Orlopp, geboren. Sein Vater betrieb dort in dem Doppelhaus Schloßstr. 14/15 (nach der alten Nummerierung) die Lummersche Hofkonditorei. Nach mehreren Umbauten ist vom Originalhaus nur noch der Keller erhalten. Die abgebildete Gedenktafel erinnert an den großen Sohn der Stadt.

Gedenktafel

Über die Kindheit Otto Lummers wissen nur etwas aus den Erinnerungen seiner späteren Breslauer Kollegen,           da der Nachlass als verschollen gilt. Danach war er „zart und schwächlich“ und durchlitt mit vier Jahren eine schwere Augenkrankheit, so dass die Eltern ihn verspätet einschulen ließen. Er holte den Rückstand jedoch schnell auf und ging gerne zur Schule.

Nach drei Vorschulklassen besuchte er die Realschule erster Ordnung auf dem Nikolaiberg, ein Teil der 1864 ge-gründeten Gesamtstadtschule, deren Haus als ältestes Schulgebäude Geras im Original erhalten ist, sich jedoch in einem schlechten baulichen Zustand befindet. An die damalige Trennung der Geschlechter erinnern noch heute die separaten Aufgänge und Schulhöfe für „Mädchen“ und „Knaben“.
Die Realschule I. Ordnung war der Vorläufer des späteren Realgymnasiums mit einem eigenen Gebäude ab 1894,   der Schillerschule. An den Realgymnasien wurde ein modernes Ausbildungskonzept konzipiert, das sich von demjenigen des klassischen (Latein-) Gymnasiums durch die stärkere Betonung naturwissenschaftlicher Fächer wie Physik und Chemie auf Kosten der alten Sprachen, besonders des Griechischen, unterschied. Damit wurde den neuen Anforderungen durch die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert Rechnung getragen.
Otto Lummer durchlief die sieben gymnasialen Stufen von der Sexta bis zur Prima (1879/80). Sein Klassenlehrer war der Direktor der Realschule, Dr. Reinhold Kießler, der auch Mathematik lehrte. Er hatte 1878 dieses Amt über-nommen, nachdem sein Vorgänger und Gründungsdirektor Alfred Lorey verstorben war. Nach letzterem ist die Loreystraße benannt. Im Gegensatz zu den Lehrern am Gymnasium Rutheneum mit Persönlichkeiten wie Karl Theodor Liebe ist über deren Kollegen am Realgymnasium in Gera kaum etwas bekannt. Einer von ihnen ist der große Pädagoge Hugo Gaudig, der fast zehn Jahre am Realgymnasium lehrte.
Otto Lummer unterzog sich am 16. März 1880 der mündlichen Abiturprüfung, mit dem Geraer Oberbürgermeister Fischer in der Prüfungskommission. Insgesamt erhielt er das Prädikat „Gut“. Diese Note gab es auch in Religion, Latein, Geschichte, Physik, Chemie und Mathematik, „Vorzüglich“ dagegen in Zeichnen. Dies deutet auf den Zwiespalt hin, wonach er längere Zeit geschwankt haben soll, ob er nicht seinen künstlerischen Neigungen nachge-ben und Malerei studieren solle anstelle von „Mathematik nebst Physik und Chemie“, wie er in seinem Lebenslauf angibt.

 


Realschule erster Ordnung auf dem Nikolaiberg. Hier legte Otto Lummer das Abitur ab. Als Alternative zu den meist als Lateinschulen ausgelegten Gymnasien wurden Ende des 19. Jahrhunderts Realgymnasien gegründet, die die Absolventen stärker mit modernen Fremdsprachen und Naturwissenschaften vertraut machen sowie zu größtmöglicher Weltoffenheit führen sollten.